Schlimmer als der Worst Case

Eisschmelzen in Grönland geht so schnell wie es Wissenschaftler als schlimmstes Szenario für 2070 vorhergesagt haben

 

55 Milliarden Tonnen Wasser, das ist so viel, man kann es sich nicht mehr vorstellen. Das sind fünf Millionen olympische Pools. Das ist genug Wasser um ganz Deutschland mit sieben Zentimeter zu bedecken. Das ist wie viel in fünf Tagen in Grönland geschmolzen ist. Diese Mengen haben die pessimistischsten Modelle der Klimaforscher für das Jahr 2070 prognostiziert.

Das dramatische Eisschmelzen deutet auf einen Wendepunkt in Grönlands Klima hin, der ein vollständiges verschwinden des Eises unausweichlich machen würde. In diesem Fall wären Küstenstädte auf der ganzen Welt vom ansteigenden Meeresspiegel bedroht. Da das Schmelzen nun schneller vorangeht als gedacht, könnte dieses Szenario viel früher eintreten als angenommen.

Die Schmelzsaison in der Arktis beginnt normalerweise im Juni und endet im August. Dieses Jahr begann sie allerdings schon ungewöhnlich früh im Mai und war außergewöhnlich heftig. In den Tagen vom 30. Juli zum 3. August schmolz dann besonders viel Wasser. Grund dafür war dieselbe Warmluftfront, die aus der Sahara über Europa zog und es hier auf den Straßen unerträglich heiß machte. So wurde der Temperaturrekord in Frankreich um beinahe einen ganzen Grad überschritten und in Berlin lag der Mittelwert für Juni 5,2 Grad über dem Normalwert. Die Hitzewelle forderte allein in Deutschland tausende Menschenleben.

Besonders schlimm ist das Eisschmelzen in Grönland weil dadurch mehr und mehr Permafrost freigelegt wird, dauerhaft gefrorener Boden, der beim tauen starke Treibhausgase freisetzt, die wiederum den Klimawandel beschleunigen. Der Klimatologin Ruth Mottram meint dazu gegenüber „Inside Climate News“: „Irgendwo zwischen 1,5 und 2 Grad gibt es einen Wendepunkt, ab dem die grönländische Eisdecke nicht mehr erhalten bleiben kann“. Würde die gesamte Eisdecke Grönlands schmelzen, könnte das zu einem Anstieg des Meeresspiegels um bis zu sieben Meter führen. Laut einem Video der NASA würde das bei der aktuellen Geschwindigkeit etwa 1000 Jahre dauern. Doch Mottram zweifelt an dieser Prognose: „Was wir bislang nicht begriffen haben, ist, wie schnell die grönländische Eisdecke verloren gehen wird.“

Die Ergebnisse der Klimaforscher aus Grönland zeigen, wie dringend wir einen Wandel in unserer bisherigen Klimapolitik brauchen. Die Arktischen Regionen sind besonders anfällig gegenüber Klimaschwankungen. Ohne einen schnellen und entschiedenen Kurswechsel könnten ihre empfindliche Gleichgewichte bald zerstört sein, mit katastrophalen Folgen für uns alle.